Ich habe den Aufnahmeraum meines Tonstudios aus einfachen, vergleichsweise preiswerten Materialien nach akustischen Gesichtspunkten komplett selbst gebaut. Der Raum ist als Raum-im-Raum-Konstruktion angelegt. Im folgenden beschreibe ich den Bau. Vielleicht hilft Ihnen diese Anleitung ja beim Bau Ihrer eigenen schalldichten Gesangskabine oder Ihres Schlagzeug- oder Trompeten-Übungsraumes, vielleicht bekommen Sie Ideen für den Ausbau Ihres Proberaumes.
Meine Kabine ist recht schalldicht und klingt akustisch ausgewogen, außerdem hat sie Tageslicht und eine Aufnahmen nicht störende Lüftung.
Aufnahmeraum, die erste: Der Boden
Marke Eigenbau bedeutet im Idealfall, alle entscheidenden Parameter in der Hand zu haben. Ich habe bereits bei der Grundsanierung des Gebäudes darauf achten können, dass der Untergrund für die Studiobox, ein Estrich, von den Wänden und dem angrenzenden Estrich durch doppelte Randdämmstreifenlagen ringsum entkoppelt ist. Auch habe ich in diesem Bereich auf die Fußbodenheizung verzichtet, zum einen, weil die Rohre eine starre Verbindung ergeben und Schall ganz wunderbar transportiert hätten, zum anderen, weil die Aufnahmekabine selbst noch einen eigenen Boden bekommen hat, durch den die Wärme eh nur äußerst spärlich transportiert worden wäre.
Das kleine Gebäude, in dem sich mein Studio befindet, ist ein nichtunterkellerter Flachbau, der auf typischem Berliner Sand steht. Wenn auf der 100 m entfernten Kopfsteinpflasterstraße LKW oder schwere PKW bremsen, wackelt der Boden. Ferner heulen im nahen Wald (oder der Nachbarschaft) öfter mal Kettensägen auf, außerdem möchte ich zu jeder Tageszeit ungehört Schlagzeug spielen können. Genau solche Lärmquellen und Erschütterungen sollte die Schallschutzkabine abfangen und das ist auch gelungen.
Der Boden der Raum-im-Raum-Konstruktion ist das erste, was ich gebaut habe, aus Restmaterial. Auf dem Estrich liegt zunächst in 50x50cm-Quadrate zerlegt mit jeweils 2 cm Abstand eine 8 mm starke Gummimatte. Sie besteht im wesentlichen aus Gummigranulat, vergleichbar diesen in Baumärkten angebotenen Matten für Waschmaschinen, in meinem Fall nur etwas dünner. In kleinere Teile zerlegt habe ich die Matte, damit der Raum eine minimale Unterlüftung erfährt, für den Fall, dass trotz 10cm Bodendämmung (Styrodur) unter dem Estrich Kondensfeuchtigkeit auftreten sollte.
Hier eine schematische Übersicht:
Auf der Gummiunterlage liegt als erste schallisolierende Schicht 16 mm Spanplatte, durch Nut und Feder verbunden. Darauf habe ich eine stabile Lattenkonstruktion geschraubt (Dachlatte 4x6), die den oberen Boden trägt. In den Boden habe ich einen Kabelkanal eingebaut, mit Öffnungen seitlich zum Wanddurchlass Richtung Regie und nach oben dort, wo später in der darauf stehenden Wand die Anschlussbox eingelassen sein soll. Alle Nähte und Fugen habe ich mit Dichtmittel abgedichtet (Acryl oder Silikon, egal, das billigste taugt, man sieht es nie wieder).
In diese Rahmenkonstruktion habe ich Schlacke geschüttet, die sich in Altbauten als Schallisolation bewährt hat und die hier mal bei einem Durchbruch durch eine Wohnhauszwischendecke abfiel. Zum einen erhöht die Schlacke die Masse, zum anderen schließt man so aus, dass die doppelwandige Konstruktion sich wie ein Resonanzkörper verhält. Außerdem drückt sich der obere Boden so bei Belastung nicht durch, weil er fest aufliegt. Auf die Lattenkonstruktion habe ich noch weiche 2mm-Styrodur-Trittschalldämmung als Streifen gelegt, vor allem, um auch den oberen Boden wirklich dicht abschließen zu lassen: die Streifen füllen Unebenheiten im Rahmenholz prima aus.
Darauf habe ich dann 20 mm Spanplatte als Deckel geschraubt, die Schrauben dabei in einem relativ engen Abstand (10 cm) gesetzt. Die obere und die untere Platte unterscheiden sich also in Dicke und spezifischem Gewicht, wodurch verschieden hohe Frequenzen absorbiert werden. Ein Prinzip, das ich auch für den Aufbau der Wände berücksichtigt habe. Optimale Schalldämmung erreicht man immer durch Kombination verschiedener Materialien.
Die Wände mit Elektrik und Lüftung
Alle Wände habe ich als Segmente gebaut und dann miteinander verschraubt. Der Aufbau von außen nach innen ist zunächst:
- 10 mm Fermacell-Platte, an den Segmentgrenzen überlappend
- Balken- und Lattenkonstruktion (Querschnitt 8x8), sämtliche Nähte abgedichtet; es gibt zur Stabilisierung Kopfbänder und Querhölzer, die gleichzeitig ein Schwingen der Platten minimieren sollen
Praktischerweise habe ich zuerst jeweils die Rahmenkonstruktion gebaut und darauf die äußeren, also die Fermacell-Platten geschraubt. In diesem Zustand habe ich sämtliche Segmente Schritt für Schritt miteinander und am Boden verschraubt und die Fugen abgedichtet. Der Abstand zur eigentlichen Raumwand beträgt dabei ca. 2-3 cm. Um potentiellen Raumwandkontakt der Studioboxaußenseiten zu vermeiden, habe ich auf Höhe der Segmentbasis Abstandhalter aus Gummi neben den Boden der Box gelegt und an die Segmente oben außen immer ein dickes Stück Randdämmstreifen geschraubt.
Warum habe ich nicht einfach zB. Steinwolle und Rigipsplatten direkt an die vorhandenen Wände geschraubt?
Das kann man machen, aber man muss dabei bedenken, dass man uU. Kältebrücken an Stellen schafft, die man nicht einsehen kann. Wenn der Taupunkt ungünstig in der Wand liegt, holt man sich Schimmel ins Haus und merkt es nicht. Deshalb habe ich für mich entschieden, dass die Aufnahmekabine ringsum belüftet sein muss.
Strom
Dann habe ich 230V-Leitungen verlegt mit dem Ziel, an allen Wänden ausreichend Steckdosen und Lichtauslässe zu haben. Die Stromzuführung erfolgt von außen über zwei getrennt abgesicherte Steckdosen vom ursprünglichen Raum aus. Besonderheit hier: Das Segment an den Zuleitungen (mittleres Segment rechts) ist auch bei fertig aufgebauter Box relativ einfach herausnehmbar, die Außenüberlappung zeigt beidseitig in Richtung dieses Mittelsegments und wurde ausnahmsweise nicht verschraubt, verschraubt wurde nur die innere Überlappung. So kann man zum einen an die Zuleitungen kommen, falls das doch mal nötig sein sollte, zum anderen liegen direkt dahinter in der Wand die Wasserleitungen für das Badezimmer nebenan und diese wären bei einem Schaden von dieser Seite aus leichter zugänglich.
An den vorgesehenen Positionen für Lampen habe ich in den Segmentrahmen zusätzliches Holz als Verstärkung in Form von Klötzen oder kleinen Platten verschraubt, damit hier später Lampen einfach und ohne Hohlraumdübel angeschraubt werden können. Beim Verlegen der Leitungen habe ich sämtliche Positionen der Kabel und Hölzer vermessen und notiert, damit ich bei der Montage der inneren Platten mit den Schrauben ausschließlich auf Holz treffe.
Alle Segmentanschlüsse sind ebenfalls abgedichtet. Da, wo der Kabelkanal aus dem Boden kommt, gibt es einen extra Holzrahmen in der Wand, der als Abgrenzung vom Dämmmaterial dient und in dem später die Anschlussbuchsen Platz finden sollen. Außerdem geht von hier aus bereits eine Leitung an die Stelle außen neben der Box-Tür, an der später das Aufnahme-Licht hängen soll. Ferner habe ich daran gedacht eine Klingelleitung für ein Klingellicht in die Box zu legen, falls ich mal alleine in der Box aufnehme und jemand draußen schellt.
Lüftung
Schallschutz, schalldichter Raum, das heißt, wenn man sich so durchs Web liest, oft auch luft- und lichtdicht. Das wollte ich so auf keinen Fall, man sollte sich in dem Raum wohlfühlen und auch länger aufhalten können. Also haben die hintere und die vordere Wand Luftdurchlässe, die ich verwinkelt über eine gewisse Strecke in der Wand geführt habe. In diese Luftkanäle habe ich kleinere Kanäle aus unterschiedlichen Restmaterialien gebaut, nachdem ich mir auf Wikipedia das Prinzip des Schalldämpfers angeschaut hatte. Die Lüftungskanäle selbst sind zusätzlich innen mit Gummi und Resten von Trittschallplatten aus Filz ausgekleidet und von außen mit Filz ummantelt. Außerdem habe ich alle Lüftungsgitter mit einem Fliegennetz versehen.
Mein Plan war, eine passive Lüftung zu ermöglichen, die wenig Schall hinein und hinaus lässt. Inzwischen kann ich sagen, dass das mit dem Schall funktioniert, der Schalldämpfer filtert überraschend viel heraus. Das mit der Luftzirkulation über reine Thermik funktioniert jedoch nicht (oder nur sehr träge), weshalb ich nachträglich vor den hinteren Luftkanalauslass von innen einen alten, leisen Computerlüfter gehängt habe, der die Luft von hinten einsaugt. Der Lüfter läuft über ein Netzteil und lässt sich via Widerstand und Schalter in zwei Geschwindigkeiten betreiben.
Damit er so leise wie möglich dreht, habe ich den Lüfter an Gummibändern fixiert und so vor das Austrittsloch aus der Wand gehängt. Direkt darüber ist einer der Helmholtz-Resonatoren platziert (mehr dazu weiter unten), dadurch ist der Lüfter nicht zu sehen, weil er leicht zu verblenden war. Er ist in der niedrigen Stufe tatsächlich auch nicht hörbar. Bei einem reinen Übungsraum kann man sicherlich auf Lautstärke vermeidende Maßnahmen verzichten, das kam für mich aus naheliegenden Gründen aber nicht in Frage.
Ein Vorteil der aktiven Lüftung ist auch, dass die Luft rund um den Aufnahmeraum leicht zirkuliert. Würde ich die Aufnahmekabine allerdings noch mal bauen, hätte ich den Ventilator an das Stromnetz angeschlossen und auf die Netzteil-Lösung verzichtet. Wenn Sie Platz haben, bauen Sie den Lüfter natürlich außen an die Kabine. Bei mir ging das leider nicht.
Wanddämmung
Dann habe ich die Wände mit Steinwolle 8cm (mindestens) ausgestopft. Man kann gerne etwas mehr reinquetschen, auch das minimiert Schwingungen der Platten. Abschließend, nachdem das Dach montiert wurde (siehe unten) habe ich rundum 13 mm-Spanplatten aufgeschraubt, deren Bohrungen und Aussparungen für Steckdosen, Licht und NF-Leitungsanschlüsse ich vor dem Verschrauben angelegt habe.
Comments/ Kommentare
Vielen Dank für deine Beschreibung. Kannst du ungefähr nachvollziehen, wie hoch die Materialkosten waren?
Hallo Simon, ich komme leider nur auf einen sehr groben Wert, weil ich u.a. sehr viel mit Restmaterial gearbeitet habe.
Man kann ungefähr das hier veranschlagen:
- Holz inkl. Platten 500 € + Fermacell ca. 20 qm (habe ich vor vielen vielen Jahren gekauft und hier in meiner mittlerweile 3. Kabine recycelt)
- Elektrik ca. 150 €
- Dämm-Material ca. 60 €
- Glas ca. 60 €
- Schrauben, Beschläge und Verbinder ca. 150 €
plus Arbeitsgerät (Sägen, Oberfräse, Schleif-, Bohr- und Schraubtechnik) + schön machen + Tontechnik.
Mit 1000 € sollte man also bei dieser Größe mindestens rechnen.
Grundsätzlich ist es beeindruckend, zB. auf Ebay-Kleinanzeigen zu sehen, wie viele Sorten Baumaterial schlicht verschenkt werden. ZB. Balken, Bretter, Platten in Form von Kleiderschränken, Fenster, Türen, Füllmaterial. Wenn Du in einem Ballungsraum lebst, würde ich hier ansetzen um Kosten zu begrenzen und dann kreativ mit dem Material umgehen.
Hallo, ich möchte auch so eine tolle Kabine bauen. Bei uns ist das allerdings etwas doof mit der Akustik. Man hört ständig das gequatschte der Nachbarn. Das sollte natürlich nicht auf den Aufnahmen zu hören sein. Welchen Frequenzbereich können diese Schaumstoffe genau abdecken? Komischerweise sind es verschiedene Frequenzen, die durch die Wand kommen. Vielen Dank für den super Blog zum Thema Soundroom!
Hallo Gustav,
die Frequenzbereiche kann ich Dir erst nach Recherche sagen, die Du aber genausogut selbst erledigen kannst. Ich würde in die Suchmaschine Deiner Wahl „akustische eigenschaften von baustoffen tabelle“ oder so ähnlich eingeben, bzw. bei einem konkreten Produkt den Hersteller um technische Eigenschaften bitten. Du solltest dann anhand von Messungen feststellen, welche Frequenzen von der Wand begünstigt durchgelassen werden. So eine Wand hat zudem auch eine Resonanzfrequenz, die solltest Du bestimmen (zB. kräftig dagegen hauen) und dann die Frequenzen in der Nachbarschaft der Resonanzfrequenz und deren Vielfache mit berücksichtigen.
Grundsätzlich solltest Du zum Schalldämmen unterschiedliche Baustoffe schichten, erst durch den Mix filterst Du möglichst viele Frequenzbereiche raus. Schaumstoffe habe ich kaum verwendet, nur als letzte Lage im Inneren, um dort ein wenig die Höhen zu dämpfen, sowie einen Randdämmstreifen rund um den Estrich und etwas Trittschalldämmung zur Abdichtung des Kabinenbodens. Ich habe in den Wänden Steinwolle verwendet, die gibt es auch noch mal extra massig für den akustischen Bereich. Oft reicht aber bereits die einfache Baumarktware, die man auch gut als Reste auf Baustellen oder über Kleinanzeigenportale bekommt.
Super coole Anleitung, sehr einfach und detailliert erklärt! Werde mir auch eine selbstgebaute Gesangskabine herstellen. Konnte mir hier viele nützlichen Tipps mit nehmen. Danke dafür und beste Grüße :)
Guten Tag.
Ganz tolle Anleitung und wir werden uns noch diese Woche an die Arbeit machen.
Eine Frage hätte ich allerdings. Die Kabine ist geschützt gegen Schall von aussen.
Aufnahmekabine eben.
Wir möchten die Nachbarn vor dem Schall eines Schlagzeuges schützen. Würde das ebenfalls funktionieren? Oder müssten da noch weitere Massnahmen erwogen werden?
Ich wäre ihnen dankbar wenn sie mir ganz kurz auf oben stehende Mailadresse antworten könnten.
Herzlichen Dank im voraus und mit den besten Grüssen aus der Schweiz
Roberto Widmerd
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